Sehen - Fühlen - Verstehen
Bilder - Philosophie

Eigene Texte

 

 Fragmente einer Kunstdefinition

 1.    Anfang

Kunst existiert nicht einfach so, sondern im Werden, im Schaffen und in der Vermittlung des Geschaffenen. Das Kunstwerk stellt eine Beziehung her zwischen Subjekten. Über das Geschaffene teilt sich das Subjekt mit. Im Wesen dieser Vermittlung steckt also alles gesellschaftlich Gewordene, das jeweilige Kunstwerk ist Teil von ihm. Denn Schaffender und Betrachtender/Aufnehmender sind Teil dieser historischen Realität und begegnen sind im Objekt des Kunstwerks.

Das Kunstwerk kann deshalb als verdinglichter Vermittlungsgegenstand eines Schaffensprozesses bezeichnet werden. Denn jedem Schaffen liegt eine Absicht, ein Wille zugrunde, mag dieser bewusst sein oder unbewusst. 

Der Wahrheitsgehalt der Kunst erweist sich in zwei Richtungen, auf zwei Ebenen: in der Vermittlung seiner Wahrheit durch den Künstler im Kunstobjekt (Bild, Komposition, Darstellung) und der Vermittlung dieser Aussage über das Kunstobjekt beim Empfänger. Kunst ist ohne diese Beziehung und die darin liegende Dialektik nicht zu verstehen.

Ist in dem Kunstobjekt keine Wahrheit enthalten, kann ich unmöglich eine solche erkennen. Dann stehe ich vor dem Objekt wie ein Kind, das zum ersten Mal eine Kirche betritt und Orgelmusik hört. Die Empfindungen können von Ergriffenheit bis Furcht reichen, aber das Kind wird die Bilder und die Musik nicht verstehen, es ist in einem unbekannten Film.

Ist eine Wahrheit enthalten, die sich mir aber nicht mitteilt, dann liegt die Unzulänglichkeit der Vermittlung bei mir, der diese Wahrheit nicht empfängt, nicht empfindet oder nicht vollständig oder richtig versteht. Ich sehe und höre und bin doch falsch im richtigen Film.

Verhältnis Wahrheit und Dialektik in Bezug auf künstlerisches Schaffen 

Was ist die Dialektik der Kunst?

Welche Wahrheitsgehalte kann Kunst vermitteln? 

 2.    Anfang

Der Anspruch auf Wahrheit ist für Kunst konstituierend. Kunst ohne Wahrheitsanspruch ist keine Kunst, sondern lediglich Objekt (vielleicht ein schöner Gegenstand, vielleicht eine schöne Melodie oder witzige Werbung). Nicht das Objekt selbst oder sein Schöpfer teilt sich mir unmittelbar mit, etwa mit dem Etikett "dies ist Kunst" oder "ich bin Kunst", auch wenn dies mit intellektuellem Eifer deklariert wird, sondern erst in der Vermittlung des Wahrheitsgehaltes entsteht ein Kunstwerk. Der im Kunstwerk steckende Gedanke, der in ihm materialisierte Vorsatz, die mimetische Mitteilung, etc. also sein mehr oder weniger komplexer Wahrheitsanspruch steht für sich. Die Autonomie des Kunstwerks wird über die Vermittlung Teil meiner Autonomie und der des Betrachters, Hörers (Musik) oder Sehenden (Tanz), also desjenigen, der eine Beziehung zu dieser Wahrheit entwickelt. In diesem Werden entsteht Kunst.

Es gibt keine wahre oder falsche Kunst. Kunst ist entweder wahrhaftig oder es ist keine Kunst. Dies ist für mich das wesentliche Kriterium; auch wenn etwas gut gemacht oder gut gemeint ist, aufrüttelt, bewegt, schockiert. Selbst wenn es den Anspruch vor sich herträgt, Kunst sein zu wollen, bleibt vielleicht nur ein Befremden, ein aufgedrängtes Statement, eine geschickte Werbung für was auch immer, zuletzt für sich selbst. Aber Vorsicht, der Grad ist schmal, auf dem das Urteil wandert:

Gute Werbung kann mehr Selbstreflexion und gedankliche Ernsthaftigkeit oder Witz enthalten, als ein mit hohem Anspruch inszeniertes Happening. Der röhrende Hirsch auf der morgendlichen Lichtung kann schön gemalt sein und seinem Betrachter ein Gefühl von Heimat vermitteln, der Realismus der Darstellung imponieren, der Schlager kann ihm Tränen des Glücks in die Augen treiben und die Werbung ein Verlangen nach einem Produkt erzeugen, das ihn geradezu überwältigt: es bleibt Kitsch, auch wenn es bei diesem Empfänger etwas wie eine ästhetische Empfindung auslöst. Gerade in dieser eindimensionalen Täuschung, dem Schein ehrlich gemeinter Unmittelbarkeit wo in Wirklichkeit nichts ist, nichts vermittelt werden soll, auch nicht die kleinste Frage enthalten oder ein Funke Widerspruch oder Selbstzweifel spürbar ist, liegt der Wert solcher Produkte: sie sind leicht verdauliche Konsumartikel, die die geistige Lethargie des Konsumenten nicht stören und nur seinen Beifall und sein Geld herausfordern.

Auf der anderen Seite verkündet das mutig herausgerufene Postulat: "Alles ist Kunst" nur die gedankliche Unmündigkeit und Ohnmacht, in der der Rufer gefangen ist. Wenn alles Kunst sein kann und jeder ein Künstler, ist der Wahrheitsanspruch in Auflösung begriffen, dann können wir unsere Sandburgen fotografieren und ins Netz stellen oder uns - wie in Indien - mit Farbe bewerfen. 

Gibt es künstlerisches Schaffen ohne Kreativität?

Wahrheit ist nicht absolut, sondern hat seine Zeit, seine Eingebundenheit in eine bestehende Entwicklung einer konkreten Gesellschaft mit ihrem eigenen Hintergrund. (entgegen Nelson Godman) (muss weiter ausgeführt werden ....)

Wie geschieht Vermittlung?

Aufhebung des Wahrheitsanspruchs beim Betrachtenden, Hörenden, fühlenden Subjekt

3.  Anfang

Kunst ist Leben, Entstehen und Vergehen, schöpferische Zerstörung und Neubildung, Herausforderung des Neuen mit einem Anspruch, der sich erst beweisen muss und selbst wieder in Frage gestellt wird, ständige Auseinandersetzung des Unmittelbaren in der Vermittlung 


Kunst im Finanzkasino

Wenn Marcuse vor 50 Jahren schrieb, die absorbierende Macht der Gesellschaft habe die künstlerische Dimension ausgehöhlt, indem sie sich ihrer antagonistischen Inhalte angleicht, so sind heute, im fortgeschrittenen Plattformkapitalismus angesichts eines Kunstmarktes als Spiegelbild des Finanzimperialismus Inhalte mit Wahrheitsanspruch auf dieser Ebene eliminiert. Der Begriff der „künstlerischen Dimension“ wie alles Nachfragen überhaupt ist  von der Macht des Marktes absorbiert worden. Kunst ist auf der Stufe der internationalen publizistischen Wahrnehmung zu einer reinen Statusfrage geworden, zu einem aus der Inzucht von Galeristen, Sammlern und Kritikern hervorgebrachten Ranking, dessen wichtigste Kriterien die selbst produzierten Preissteigerungen sind. Im Finanzkasino zählt allein der Gewinn. Wer nach „Entfremdung“ und „Widerspruch“ fragt, nach dem „unglücklichen Bewusstsein der gespaltenen Welt, der vereitelten Möglichkeiten, der unerfüllten Hoffnungen, der verratenen Versprechen“ (Marcuse), der macht sich lächerlich oder verdächtig.


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